Sie kommen dann zum Einsatz, wenn die „normale“ Feuerwehr an ihre Grenzen stößt – die Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr Ulm. Gemeinsame Übungen mit diesen Kräften sind selten und daher besonders. So übten Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr Leipheim gemeinsam mit den Ulmer Feuerwehrkräften auf einem Firmengelände in Leipheim.
Bei hochsommerlichen Außentemperaturen, jenseits der 30 Grad Celsius, trafen sich 18 Einsatzkräfte der Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr Ulm und 17 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Leipheim auf dem Gelände der Firma Greiwing. Wie der Niederlassungsleiter der Firma Martin Mallèn erklärte, ist es für die Kräfte eine tolle Möglichkeit, ihr Erlerntes zu trainieren und für die Mitarbeiter der Firma ein Zugewinn für den hoffentlich nie eintretenden Ernstfall, wenn ein Verletzter dort gerettet werden muss, da die Kräfte die örtlichen Gegebenheiten bereits kennen. Ebenso dankbar zeigten sich die Feuerwehrkräfte.
Das Übungsszenario
Auf dem Firmengelände befinden sich mehrere Silos in einem Gebäude und im Freien. Angenommen wurde, dass ein Arbeiter auf einem Außensilo einen internistischen Notfall (Herzinfarkt) erlitt. Sein Arbeitskollege erkannte die Situation und wollte weitere Kollegen und die Feuerwehr alarmieren. Beim Einstieg in das Gebäude von oben über eine Leiter, stürzte dieser dann und brach sich dabei das Sprunggelenk. Der Verletzte auf dem Silo befand sich auf rund 35 Metern Höhe, was bedeutet, dass die Kräfte mit der Ausbildung „Einfache Rettung aus Höhen und Tiefen“ der Feuerwehr Leipheim diese Rettung nicht mehr leisten können. Der Verletzte im Gebäude lag auf einer Höhe von rund 20 Metern. Mit diesen Gegebenheiten mussten nun die Einsatzkräfte richtig umgehen. Es wurde angenommen, dass der Rettungsdienst ein „einfaches“ herabtragen beider Verletzten aus medizinischer Sicht nicht erlaubte.
Der Übungsablauf
Die Floriansjünger aus Leipheim befanden sich bereits im Gerätehaus. Martin Schmitz, 1. Kommandant der Wehr befand sich auf dem Gebäude vor Ort und rief über Funk nach und nach die Fahrzeuge ab, die in einem solchen Realeinsatz auch zum Einsatz kommen würden. Die Fahrzeuge trafen beim Einfahren auf das Firmengelände auf Armin Heinemann, dem technischen Betriebsleiter, der sie Situation kurz erklärte und vorgab, wie die Örtlichkeit zu erreichen ist.
Dann machte sich ein Feuerwehrmann auf den anstrengenden Weg nach oben, um sich ein Lagebild zu verschaffen und das weitere Vorgehen zu planen. Er traf dabei auf den ersten Verletzten, der sich im Gebäude knapp unter dem Dach befand. Dort herrschten an diesem Tag wohl über 40 Grad. Nach der Befragung erfuhr er, was geschehen war und dass sich eine zweite Person auf einem Außensilo in noch größerer Höhe in einer Notlage befindet. Er kennt die Grenzen der Ausbildung und Ausrüstung seiner Feuerwehr und erkannte, dass hier eine Höhenrettungsgruppe benötigt wird. Nun wurden die Ulmer Kräfte über die erkundete Lage informiert und fuhren auch dann erst in Ulm los. Die Leipheimer Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrau begannen mit der Versorgung der Verletzten und die ersten Maßnahmen zur Rettung. Für sie war klar, sie können nur den Verletzten im Gebäude retten und auf den Boden abseilen. Daher starteten sie mit den dafür erforderlichen Maßnahmen. Sie überlegten, wie sie die Rettung durchführen können. Die ersten Seile, Karabiner und Gurte wurden an geeigneten Anschlagspunkten angebracht. Ebenso wurde eine Schleifkorbtrage in Stellung gebracht, in welcher der Arbeiter liegend und mit Gurten gesichert auf den sichern Boden gebracht werden sollte. Es starteten nun die schweißtreibenden, notwendigen Rettungsmaßnahmen. Unter dem Dach wurde ein Betonträger genutzt, um diesen als Aufhängung zu nutzen. Bis der Arbeiter mit der Sprunggelenkfraktur sicher vergurtet in der Schleifkorbtrage lag, verging einige Zeit.
ls die Kräfte aus Ulm eintrafen, schaute sich Christian Hagg, Mitglied der Höhenrettungsgruppe der Ulmer Feuerwehr das Vorgehen seiner Kameraden genau an, denn er kannte das Szenario und war bereits vor Ort. Nach der Lageerkundung der Ulmer Kräfte war klar, dass es zwei Personen zu retten galt, wobei sich um die Rettung des Verletzten im Gebäude die Leipheimer Kräfte kümmerten und ihr Können beim Herzinfarktpatienten benötigt wird. Sie stellten ein massives Dreibein auf das Außensilo und brachten mit entsprechender Kräfteanzahl ihre Ausrüstung so an, dass ein abseilen des Arbeiters aus dieser Höhe sicher durchführbar war. Hieran waren auch Leipheimer Kräfte beteiligt.
Bei beiden Rettungen galt es, immer mit redundanter Sicherung zu arbeiten, also alle Sicherungen und Anschlagspunkte werden doppelt ausgeführt. In an sich gleicher Weise wurden beide Verletzten in einer Schleifkorbtrage begleitet von einem Feuerwehrmann nach unten gebracht und dort symbolisch dem Rettungsdienst übergeben.
Dennis Winkler und Christian Balkie, beide von der Jugendfeuerwehr Leipheim, spielten die Mimen und waren froh gut unten angekommen zu sein.
Am Ende der schweißtreibenden Übung stellte die Firma noch ihren klimatisierten Besprechungsraum zur Verfügung, wo sich alle Feuerwehrkräfte mit Essen und Getränken etwas erholen durften.
Informationen Presseinformation zur Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr Ulm
Die Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr Ulm wurde 1996 gegründet und besteht zurzeit aus 16 aktiven Höhenrettern, davon vier Einheitsführer.
Neben der normalen Feuerwehr-Ausbildung verfügt jedes Mitglied über eine 80-stündige Spezialausbildung zum Höhenretter.
Die Mannschaft setzt sich aus den 13 Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr Ulm sowie der hauptamtlichen Abteilung zusammen.
Bei Feuerwehren wird in zwei Bereiche unterschieden: „Einfache Rettung aus Höhen und Tiefen“ (ERHT), die durch die Gemeindefeuerwehren mit entsprechender Ausbildung durchgeführt werden kann. Hierbei können Rettungen bis 30 m Höhe/ Tiefe mit genormten Gerätesätzen abgearbeitet werden. Eine Begleitung durch einen Retter ist nicht vorgesehen.
Der zweite Bereich ist die „Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen“ (SRHT), die durch Höhenrettungsgruppen durchgeführt wird. Hierzu sind eine 80stündige Grundausbildung sowie jährlich 72 Übungsstunden im Seil notwendig.
Bei diesem Bereich ist die maximale Rettungshöhe bzw. Tiefe nicht festgelegt, es kommen komplexe Seiltechniken zum Einsatz und der Patient wird durch einen Höhenretter begleitet.
Geübt wird alle zwei Wochen an verschiedenen Objekten. Inhalte sind z. B. passives Ablassen eines Retters und eins Verletzten, Einrichten eines Schrägseils, Vorstieg in Hochregallagern, Retten von schwergewichtigen Patienten, Ausrüstungskunde etc.
Zusätzlich findet jedes Jahr ein Übungswochenende in einem Industrieobjekt statt sowie Übungstage an Objekten, um spezielle Rettungstechniken zu trainieren.
Das Material (Seile, Gurte, Anschlagmittel etc.) ist auf dem „Gerätewagen-Höhenrettung“ der Feuerwehr Ulm verlastet und 24h einsatzbereit.
Im Einsatzfall kommen die alarmierten Höhenretter von zuhause, von der Arbeit oder von unterwegs auf die Hauptwache, rüsten sich dort mit ihrer persönlichen Schutzausrüstung aus und rücken dann mit dem Gerätewagen Höhenrettung aus.
Aufgabengebiet ist die „Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen“ (SRHT) im Stadtkreis Ulm sowie auf Anforderung auch im Alb-Donau-Kreis bzw. Bayern und in weiter entfernten Gebieten.
Die Höhenrettungsgruppe kommt überall dort zum Einsatz, wo man mit „normaler“ Feuerwehrtechnik (tragbare Leitern, Drehleiter, Feuerwehrkran etc.) nicht weiterkommt bzw. spezielle Kenntnisse in Sachen Höhe oder Tiefe und Arbeiten im Seil gefragt sind.
Beispiele von vergangenen Einsätzen:
- Gemeinsame Rettungsaktion mit der Polizei (SEK) einer verwirrten Frau von einem 50 m hohen Baukran
- Rettung eines abgestürzten Motorradfahrers aus steilem, unwegsamem Gelände
- Retten einer Person nach einem Gerüsteinsturz in einem Silo in 60 m Höhe
- Nachlöscharbeiten, hängend im Seil, nach einem Brand eines landwirtschaftlichen Anwesens
- Komplizierte Rettung einer abgestürzten Person im Steilgelände, die in einem Auffangzaun für Steine hing
- Sichern eines abgestürzten Transportbehälters in einer Warentransportanlage.
- Rettung einer verletzten Person vom Ulmer Münster durch den 72 m tiefen Glockenschacht.
- Rettung einer 250 kg schweren Person aus einem höher gelegenen Stockwerk mit komplexer Seiltechnik und spezieller Schwerlasttrage.
- Tiefbauunfall, Rettung von zwei Bauarbeitern mit Rückenverletzung aus einer Baustellengrube im Donautal
Quelle und Bilder: www.bsaktuell.de